Veranstaltung: | LDV Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Soziales und Gesundheit, Daniel Köbler (KV Mainz), Corinna Rüffer (KV Trier), Matthias Rösch (KV Mainz), Ursula Hartmann-Graham (KV Mainz-Bingen), Josef Winkler (KV Rhein-Lahn), Ellen Kubica (KV Mainz), Johannes Wiegel (KV Trier), Ingrid Mollnar (KV Worms), Wolf Buchmann (KV Trier), Stefan Thome (KV Kaiserslautern), Anne-Marie Heinicke (KV Kaiserslautern-Land), David Profit (KV Alzey-Worms), Ingrid Bäumler (KV Mayen-Koblenz), Armin Grau (KV Rhein-Pfalz), Corinna Kastl-Breitner (KV Neustadt/Wstr.), Klaus Puchstein (KV Ahrweiler), Eike Heinicke (KV Kaiserslautern-Land), Ruth Jaensch (KV Mainz), Martin Schmitt (KV Mayen-Koblenz) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 09.03.2018, 11:59 |
A-1: Ein Inklusionsgesetz für Rheinland-Pfalz
Antragstext
Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit 2009 geltendes Recht in Deutschland.
Sie soll das Menschenrecht auf selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen
Leben garantieren. Bis zur vollständigen Umsetzung ist es aber noch ein weiter
Weg.
So sind Menschen mit Behinderungen vielfachen Diskriminierungs- und
Exklusionserfahrungen tagtälich ausgesetzt. Unabhängig von der Qualifikation
haben sie schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt, barrierefreie Wohnungen fehlen
vielerorts und Frauen mit Behinderungen sind überdurchschnittlich oft Opfer von
Gewalt. Das individuelle Wunsch- und Wahlrecht wird häufig durch den
Mehrkostenvorbehalt" der öffentlichen Hand eingeschränkt. Das zwingt Menschen
mit Behinderungen häufig in Heime und Sondereinrichtungen. Wir GRÜNE wollen das
ändern!
Die inklusive Gesellschaft ist unser Ziel. Mit einem Landesinklusionsgesetz
wollen wir die Inklusion und soziale Teilhabe in allen Lebensbereichen stärken.
Konkret wollen wir das Landesbehindertengleichstellungsgesetz konsequent an der
UN-Behindertenrechtskonvention ausrichten und die Umsetzung des
Bundesteilhabegesetzes in Landesrecht regeln und konsequent an Inklusion
ausrichten.
Teilhabe im ganzen Land garantieren - Eingliederungshilfe inklusiv ausrichten
Wir GRÜNE haben das Bundesteilhabegesetz (BTHG) kritisiert und setzen uns
weiterhin für die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem an
Selbstbestimmung und Inklusion ausgerichteten Teilhabeleistungsrecht ein. Dazu
gehört der Wegfall der Einkommens- und Vermögensabhängigkeit aller Leistungen,
die zur gesellschaftlichen Teilhabe erforderlich sind – das gilt auch für die
Assistenzleistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege.
Das BTHG erfordert eine Reihe landesrechtlicher Umsetzungen. Dies wollen wir
konsequent an Inklusion ausrichten. Die Selbstbestimmung der
leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen und das Wunsch- und Wahlrecht
sind dabei zentral. Die Angebotsstruktur muss dafür insbesondere im ländlichen
Raum ausgebaut werden. Dazu gehört der Aufbau gemeindeintegrierter Dienste mit
Assistenzleistungen in inklusiven Wohnformen im Sozialraum. Das persönliche
Budget ermöglicht Selbstbestimmung, wie kein anderes Instrument. Dies gilt es zu
stärken und weiterzuentwickeln.
Es besteht durch die bisherige unstrukturierte Kommunalisierung der ambulanten
Eingliederungshilfe ein Flickenteppich an Vorgehensweisen. Unser Ziel und
Anspruch sind jedoch gleichwertige gute Lebensverhältnisse für alle Menschen mit
Behinderungen in jedem Alter im ganzen Land. Deshalb werden wir uns bei der
landesrechtlichen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, das die Unterscheidung
von stationären und ambulanten Leistungen überwindet, von diesem Grundgedanken
leiten lassen. Dazu braucht es einheitliche Standards für Bedarfsfeststellung
und Leistungsgewährung nach einheitlichen Verfahren im ganzen Land und eine
einheitliche Teilhabeplanung, die von der Selbstbestimmung der
leistungsberechtigten Menschen ausgeht. Dies kann am besten ein
landeseinheitlicher Träger sicherstellen. Gleichzeitig ist die regionale
Erreichbarkeit des Beratungsangebots des Trägers der Eingliederungshilfe zu
gewährleisten. Mit einer verbindlichen Zusammenarbeit von Land und Kommunen
sollen die Sonderwelten der Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
überwunden werden und in inklusive Lebenswelten des Wohnens, des Lernens, des
Arbeitens und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben überführt werden. Wir
setzen uns dafür ein, dass die Mittel von fast 900 Millionen Euro der Leistungen
der Eingliederungshilfe pro Jahr konsequent an den Aufbau und die
Weiterentwicklung inklusiver Leistungserbringung und der Selbstbestimmung der
Menschen mit Behinderungen ausgerichtet wird.
Ein besonderer Schwerpunkt ist die ebenso auf Selbstbestimmung beruhende
Unterstützung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen
sowie ihrer Familien. Wir GRÜNE wollen die Zugänge zu Beratungs-,
Unterstützungs- und Entlastungsangeboten besser organisieren, denn oft werden
vorhandene Leistungsangebote nicht in Anspruch genommen. Auf Bundesebene halten
wir grundsätlich weiterhin rechtliche Rahmenbedingungen für eine inklusive
Kinder- und Jugendhilfe für wünschenswert. Auf kommunaler Ebene unterstützen wir
die Zusammenarbeit der Eingliederungs- und Jugendhilfe, mit dem Ziel, Hilfen und
Teilhabeleistungen aus einer Hand zu verwirklichen. Hier braucht es noch
mancherorts ein dutlich besseres Verständnis davon, welche rechte sich aus der
UN-BRK ergeben.
Der zukünftige Träger der Eingliederungshilfe soll den gemeinsamen Empfehlungen
der BAR beitreten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Vertragspartner die
im Bundesteilhabegesetz vorgeschriebenen Rahmenverträge zügig verhandeln und
vereinbaren. Die Rechte der Schwerbehindertenvertretungen und Werkstatträte
wollen wir ausbauen, die unabhängige Beratung durch die Ergänzende Unabhängige
Teilhabeberatung als Peer-Anlaufstellen flächendeckend in Rheinland-Pfalz
ergänzen.
Das Budget für Arbeit ist ein rheinland-pfälzisches Erfolgsmodell der
Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Mit dem BTHG wird es erstmals
bundesweit eingeführt. Wir wollen das Förderniveau in Rheinland-Pfalz erhalten
und das Budget für Arbeit durch eine landesweite Informationskampagne stärken.
Novellierung Landesbehindertengleichstellungsgesetz
Behinderungen entstehen durch Barrieren unterschiedlichster Art. Diese müssen
wir abbauen. Wir brauchen die Festlegung überprüfbarer Ziele, Zeitvorgaben und
Umsetzungsmechanismen für umfassende Barrierefreiheit. Durch eine Vereinbarung
des Landes mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte soll die systematische
Überprüfung von Landesrecht auf Vereinbarkeit mit der UN-
Behindertenrechtskonvention gewährleistet werden. Das Monitoring des
Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (LAP) soll
regelmäßig unter Beteiligung der Menschen mit Behinderungen und deren Verbände
der Selbsthilfe und Selbstvertretung durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind
Grundlage für die Weiterentwicklung unseres Landesaktionsplans, der alle
zivilgesellschaftlichen Bereiche und die kommunale Ebene einbezieht.
Insbesondere unsere Verwaltung soll umfassend barrierefrei arbeiten. Sämtliche
öffentliche Bauten im Land sollen binnen acht Jahren barrierefrei zugänglich
sein. Wir fordern einen Rechtsanspruch auf barrierefreie Verfahren und für
amtliche Informationen und Bescheide in Leichter Sprache.
Das Land soll sämtliche digital zur Verfügung gestellten Informationen in drei
Jahren barrierefrei gestalten, hierzu zählen insbesondere die Einbeziehung von
Audiodeskriptionen und deutscher Gebärdensprache oder Untertitelungen und
Erläuterungen in Leichter Sprache. Privaten Anbiete, die öffentliche Gelder
erhalten, sollen entsprechende Auflagen gemacht werden
Inklusion gelingt vor Ort in den Kommunen
Wir wollen die barrierefreie und inklusive Gestaltung des Sozialraums im ganzen
Land voranbringen. Dazu braucht es qualitativ hochwertige kommunale
Teilhabeplanungen und kommunale Aktionspläne zur Umsetzung der UN-BRK. Wir
wollen die Interessenvertretung stärken. Alle Städte und Landkreise in
Rheinland-Pfalz sollen kommunale Behindertenbeauftragte einsetzen und durch
Behindertenbeiräte ergänzen.
Begründung
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) erfordert eine Reihe landesrechtlicher Umsetzungen. Ein zentral neu zu regelnder Bereich ist hierbei der Träger der Eingliederungshilfe (EGH). Im Jahr 2016 erhielten insgesamt ca. 37.000 Menschen in Rheinland-Pfalz Leistungen der Eingliederungshilfe. Davon waren ca. 30.000 Menschen volljährig und ca. 7.000 Menschen minderjährig. Im Jahr 2016 beliefen sich die Kosten der EGH in RLP auf 867,683 Mio EUR (2015: 815,779 Mio EUR), diese verteilen sich auf das Land als überörtlicher Träger mit 770,817 Mio. EUR (Gesamtausgaben im stationären Bereich, 2015: 731,917 Mio. EUR) und die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger mit 96,866 Mio. EUR (Gesamtausgaben im ambulanten Bereich, 2015: 83,862 Mio. EUR).
Derzeit gibt eine getrennte Zuständigkeit von Land und Kommunen: für stationäre und teilstationäre Leistungen ist das Land zuständig, für ambulante Leistungen die Kommunen (Landkreise und kreisfreie Städte). Bei den Kosten im stationären Bereich trägt das Land die Kosten und beteiligt die Kommunen mit 50 Prozent (bei einer faktischen Vorfinanzierung durch die Kommunen). Im ambulanten Bereich tragen die Kommunen die Kosten, das Land refinanziert seit 2014 50 % über den kommunalen Finanzausgleich.
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