Veranstaltung: | LDV Idar-Oberstein |
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Tagesordnungspunkt: | 9. Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Karl-W. Koch (KV Vulkaneifel), Ulrike Höfken (KV Bitburg-Prüm), Jutta Paulus (KV Neustadt/Weinstr.), Josef Winkler (KV Rhein-Lahn), Birgit Meyreis (KV Mayen-Koblenz), Dr. Bernhard Braun (KV Ludwigshafen), Andreas Hartenfels (KV Kusel), Michael Jüngt (KV Vulkaneifel), Rupertina Engel (KV Mayen-Koblenz), Kristin Kosche (KV Rhein-Lahn), Leo Neydek (KV Rhein-Lahn), Elisabeth Bröskamp (KV Neuwied), Uwe Bröskamp (KV Neuwied), Dietmar Rieth (KV Südwestpfalz), Ute Wellstein (KV Mainz), Dietmar Johnen (KV Vulkaneifel), Dr. Natalie Wendisch ( KV Ahrweiler), Christoph Weyrath (KV Rhein-Lahn), Uller Koenig (KV Vulkaneifel), Pia Werner (KV Bad Dürkheim), Peter Kühbach (KV Vulkaneifel), Denise Burkholz (KV Rhein-Lahn), Gerhard Fritsche (KV Rhein-Lahn), Erika Fritsche (KV Rhein-Lahn), Johannes Wiegel (KV Trier), Michael Henke (KV Bad Kreuznach), Peter Kallusek (KV Südliche Weinstr.), Bettina Spriestersbach-Möhler (KV Rhein-Lahn); |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 20.04.2018, 20:02 |
D-2: Kein einziges Jahr Laufzeitverlängerung für Cattenom, keine Akzeptanz für den Betrieb von Schrottreaktoren vor unserer Tür!
Antragstext
Seit wir GRÜNE Regierungsverantwortung in Rheinland-Pfalz tragen hat der Kampf
gegen die Schrottreaktoren in Cattenom, Tihange und Doel höchste Priorität. So
ist das Land auf unser Betreiben hin den Klagen der Städteregion Aachen gegen
Tihange und von Greenpeace gegen Doel und Tihange beigetreten. Auch haben wir
das Thema laufend parlamentarisch im Landtag, im Bundesrat und gegenüber der
Bundesregierung auf die Tagesordnung gebracht.
Das zeigt: Die Landesregierung räumt dem Schutz der Menschen vor drohender
Verstrahlung und den dadurch bedingten gesundheitlichen und wirtschaftlichen
Folgen höchste Priorität ein!
Zuletzt hat das Land mit zwei Gutachten geprüft, ob es in Frankreich gegen den
Betrieb von Cattenom klagen kann, mit dem Ziel der sofortigen Stilllegung. Vor
allem die Schrottreaktoren in Cattenom melden praktisch wöchentlich Störfälle
und weisen gravierende Sicherheitsmängel auf.Leider mussten wir feststellen,
dass eine Klage in Frankreich keine Aussicht auf Erfolg hätte. Das französische
Recht fordert eine umfassende Beweisführung in Bezug auf konkrete
sicherheitstechnische Risiken und Eintrittswahrscheinlichkeiten. Diese
Beweisführung ist praktisch nicht zu erbringen. Absurderweise schmälert es die
Aussicht auf Erfolg, dass viele andere AKW in Frankreich baugleich erstellt
wurden und daher die Risiken für diese Meiler in ähnlicher Weise bestehen.
Deshalb birgt ein Gerichtsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem aktuellen
Kenntnisstand die hohe Gefahr, dass wir durch eine Klage eine höchstrichterliche
Bestätigung für die „Ungefährlichkeit“ des Atomkraftwerks einholen könnten.
Damit würde der Kampf gegen Cattenom um Jahre zurückgeworfen werden.
Dass die juristischen Erfolgsaussichten einer Klage sehr schlecht sind, zeigt
auch die Analyse der ähnlich gelagerten Klage gegen das AKW Fessenheim, die im
Jahr 2013 bis vor das höchste französische Gericht ging. Die französischen
Gerichte hatten eine äußerst restriktive Beurteilung durchgeführt und ließen
dabei auch eine überhohe Anzahl meldepflichtiger INES-Ereignisse nicht gelten,
da sie „nur“ auf den unteren Stufen der INES-Skala eingestuft worden waren. Der
Verweis auf strengere Regeln außerhalb Frankreichs oder auf modernere oder
besser geschützte Anlagen war nach französischer Rechtsauffassung ebenfalls
nicht geeignet, ein schwerwiegendes Risiko zu begründen.
Zwar sieht die LDV der rheinland-pfälzischen Grünen "im Moment" wenig Chancen
auf eine Klage gegen Cattenom aufgrund der juristischen Vorgaben in Frankreich.
Aber wir werden den weiteren Betrieb der Schrottreaktoren an unseren Grenzen
auch weiterhin mit allen Möglichkeiten bekämpfen. Dazu werden wir uns in den
anderen Bundesländern und den – im Fall eines GAUs betroffenen – Nachbarländern,
mit den Regierungen wie mit den Bürger*innen Verbündete suchen. Und wir werden
mit allen rechtlichen und politischen Möglichkeiten – jeweils auch auf
europäischer Ebene – und mittels der Organisation des Widerstandes der
Betroffenen versuchen eine Laufzeitverlängerung zu verhindern.
Nicht nur das Alter der Reaktoren stellt ein inakzeptables Risiko für die ganze
Region dar, auch ihre Schadanfälligkeit und der mangelhafte Schutz gegen
mittlerweile leider sehr real drohende Terroranschläge: Die Reaktoren müssen zum
Schutz der Bevölkerung und der Umwelt schnellstmöglich abgeschaltet werden.
Für Cattenom muss der Betreiber über 2026 hinaus eine Laufzeitverlängerung
beantragen. Bereits ab 2021 wird die Öffentlichkeitsbeteiligung (enquete
publique) zur Laufzeitverlängerung beginnen. Diese Öffentlichkeitsbeteiligung
möchten wir nutzen. Das vorliegende Gutachten hat uns aufgezeigt, dass die
Klagemöglichkeit grundsätzlich vorhanden ist und ist damit die Grundlage für die
Argumentation gegen die Laufzeitverlängerung. Wir haben jetzt konkrete Hinweise
für das Vorliegen eines schwerwiegenden Risikos für Mensch und Umwelt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz fordern die Landesregierung, die
Landtagsfraktion, die Bundestagsfraktion und die Fraktion im europäischen
Parlament auf, alle politischen Möglichkeiten zu nutzen, um eine möglichst
schnelle Abschaltung aller Schrottreaktoren, insbesondere Cattenom, Tihange und
Doel zu erreichen.
Wir solidarisieren uns mit dem Widerstand der Bürger*innen gegen Bure und
unterstützen den berechtigten Widerstand gegen den Weiterbetrieb der
Atomkraftwerke in Belgien und Frankreich. Dieser ist nicht erst nach den jetzt
neu vorliegenden Erkenntnissen unverantwortlich und nicht nachvollziehbar.
Begründung
Hintergrund:
Ab 2026 steht die Laufzeitverlängerung für die jeweiligen Blöcke des AKW Cattenom an, geplant sind je zweimalige Verlängerungen bis zu einer Gesamtlaufzeit von 60 Jahren.
Begründung:
„Die rheinland-pfälzische und auch die saarländische Landesregierung sehen sich durch die Ergebnisse des sicherheitstechnischen Gutachtens in ihrer Einschätzung des AKW Cattenom bestätigt: Das Atomkraftwerk stellt ein hohes Risiko für die gesamte Region dar. Es entspricht nicht den heutigen europäischen Sicherheitsstandards für den Neubau von Atomkraftwerken. Dieses Niveau kann auch durch Nachrüstungen nicht mehr erreicht werden.“ So beginnt die Presseerklärung vom 16.04.2018, in der klar gestellt wird, dass Rheinland-Pfalz nicht gegen den Betrieb von Cattenom klagen wird. Ein sicherheitstechnisches Gutachten hat die hohen Risiken des AKW für die Region mit einer Wahrscheinlichkeit eines GAUs zwischen 1 : 100 und 1 : 10.000 eingestuft. Laut Gutachten kann NICHT nachgerüstet werden. Selbst die ursprünglich vorgesehenen 40 Jahre sind "ambitioniert". Wenn man weiß, dass die Stabilität der verwendeten Stähle durch die Radioaktivität nach ca. 20 Jahren überproportional abnimmt, kann man ausrechnen, wie stark die Wahrscheinlichkeit eines GAUs - auch ohne Terroranschlag - in den nächsten Jahrzehnten steigen wird.
Beispielhaft für die Sicherheit ist auch die Aktion von Greenpeace im Oktober 2017 <http://www.taz.de/Greenpeace-zuendet-Feuerwerk-im-AKW/%215452559/>: damals drangen Aktivist*innen in das Kraftwerksgelände ein und zündeten ein Feuerwerk am Abklingbecken. Die Organisation wies damit darauf hin, dass das Becken sowie der Rest der Anlage nicht genug gegen Terrorismus geschützt sind. Wäre dies ein tatsächlicher Terroranschlag gewesen, so wäre heute die Region bis über Trier hinaus radioaktiv verstrahlt. Die Radioaktivität in den Abklingbecken ist ein Mehrfaches im Vergleich zum Inventar der Reaktor-Blöcke im Betrieb!
Fast zeitgleich mit der Entscheidung, keine Klage gegen Cattenom zu erheben, hat der Ministerrat dem Antrag beim belgischen Staatsrat auf Beitritt des Landes Rheinland-Pfalz zur Klage von Greenpeace Belgien gegen die ohne Öffentlichkeitsbeteiligung gestattete zehnjährige Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke Tihange 1 sowie Doel 1 und Doel 2 zugestimmt.
Ein drohender nuklearer Störfall hätte die radioaktive Kontaminierung von Boden, Wasser und Nahrungsmitteln in der gesamten Region zur Folge, mit drohenden Erkrankungen bei Tausenden von Bürger*innen und einem Sachschaden in Milliardenhöhe, für die niemand aufkäme.
Begründung der Dringlichkeit:
Die Entscheidung der rheinland-pfälzischen Landesregierung, nicht gegen den Betrieb von Cattenom zu klagen, fiel nach Antragsschluss, das entsprechende Gutachten wurden ebenfalls erst nach Antragsschluss vorgelegt.
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